Wenn das die Zukunft ist, will ich sie nicht

Erwartungsgemäß hat die von Friedrich Merz geführte und von Markus Söder flankierte Union am Sonntag den Wahlabend gewonnen: 28%. Die AfD wurde – nach der Wahlempfehlung von jedem rechten Spinner weltweit – mit 20% zweitstärkste Kraft. Die Ampelparteien schwächeln irgendwo dahinter, die FDP verliert zu Recht ihre „offene Feldschlacht“ und verpasst die 5%-Hürde. Staats­streichler Christian Lindner beendet seine politische Karriere, die Chefin der Grünen Jugend macht einen Super-Gag auf seine Kosten und erntet dafür meiner Meinung nach zu Unrecht Kritik.

Ich verstehe nicht mehr alles, was hier passiert. Rationalität ist Irrsinn gewichen. Zahlen haben keine Bedeutung mehr, Partei­programme müssen nicht mehr gegenfinanziert werden können. Technologie­offenheit bedeutet nur noch, die Tür für überholte Technologien offenzuhalten. Die USA poltern gegen alles und jeden, liebäugeln mit Putin und während der reichste Mann der Welt den Staat zerschlägt, berichten nur noch Kottke und Wired darüber.

Wenn die von allen so sehr verhasste Ampel als Fortschritts­koalition gestartet ist, dann kehren wir mit der unions­geführten Regierung hierzulande nun zur Stillstands­koalition zurück. Verwaltung bis hin zur Regression wird wohl wieder die Devise sein, auch wenn die Zeiten das nicht hergeben.


Screenshot der Übertragung aus dem Oval Office. Zu sehen sind Selenskyj und Trump.

Gestern dann der diplomatische Super-GAU: Absolute Eskalation im Oval Office. Drei Jahre nach dem Beginn des full-scale Angriffs­kriegs Russlands auf die Ukraine beschimpfen Trump und sein Vize den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor laufenden Kameras. Er solle dankbar sein und wolle keinen Frieden. Trump spricht „von großartigem Fernsehen“, das das sei. Der ehemalige französische Präsident François Hollande schreibt, das Geschehen im Weißen Haus komme »einer obszönen Szene im Reality-TV« gleich. Der demokratische US-Senator Jack Reed schreibt: „Das heutige Spektakel im Oval Office war ein politischer Hinterhalt und ein beschämendes Versagen der amerikanischen Führung.“

Ich bin absolut entsetzt. Für Fakten gibt es wieder Alternativen. Opfer werden zu Tätern. Die Zone wird weiter geflutet, das Playbook wird weiter verfolgt. Hauptsache die Plastik­stroh­hälme sind wieder erlaubt. Und, oh, Musk will OpenAI kaufen!


Im diese Woche in Kyjiw stattgefundenen „Support Ukraine 2025 Summit“ hielt die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen eine beeindruckende Rede (ab 1:50:32 im Video), die zeigt, wie sich die freie Welt gegenüber der Ukraine verhalten sollte. In unserer Bizarro-Realität hingegen findet dann diese unwürdige Episode US-amerikanischer Idiotie statt. So es denn nur Idiotie ist!

Was wir jetzt – wie schon in den letzten Jahren – brauchen ist ein handlungs­fähiges, starkes und schlagkräftiges Europa. Die kleine Koalition sollte schnellst­möglich zusammenfinden, die unsägliche, alles blockierende Schulden­bremse abschaffen und das neu gewonnene Geld mit beiden Händen investieren: In Infrastruktur, in technologischen Fortschritt und allen voran in Verteidigung – der EU und der Ukraine. Auf das dies eines Tages eins ist.

Wie Mette Frederiksen es sagte:

The best thing about heroes is that they’ll always win in the end. And if they are not winning, it’s not the end.

Slava Ukraini!


Und an Herrn Merz: Ich sehe für den Moment über Ihre Ignoranz, Ihren Rechts­populismus, ihren Chauvinismus, Ihre Unerfahrenheit und die über­raschende wirtschaft­liche Inkompetenz in Ihrem Partei­programm hinweg und wünsche Ihnen – ganz ehrlich – viel Glück! Sie können es gebrauchen. Und wir auch.

Es kommt jetzt drauf an.

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7 Reaktionen / Kommentar schreiben

  1. von danimo am 01.03.2025
  2. The Verge war da anfangs auch stark, ist aber auch recht ruhig geworden…

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