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Wolodymyr Selenskyj bei Lex Fridman

 
(YouTube Direktlink)

Der ukrainische Präsident im Gespräch mit dem amerikanisch-russischen Informatiker und Podcaster Lex Fridman, dem Joe Rogan der Tech-Bros.

Ich habe große Probleme mit der Gesprächs­partner­wahl und Gesprächs­führung von Fridman, das Video ist jedoch aus vielerlei Sicht interessant:

  • Fridman, dessen Eltern selbst in der Ukraine geboren wurden, brüstet sich stets damit, sich mit allen, auch noch so kontroversen Gesprächs­partnern zu unterhalten. Leider vergisst er dabei oftmals die Aussagen von z.B. Tucker Carlson, Donald Trump oder immer wieder Elon Musk einzuordnen oder gar kritisch zu hinterfragen. Er kommt aus einer sehr neutralen oder gar Putin-positiven Position in das Gespräch mit Selenskyj.
  • Selenskyj, der nach eigener Aussage in dem Gespräch, stets bestens vorbereitet in den Dialog geht, weiß das natürlich, hat einen überragenden Rede­anteil, eine klare Argumentation und weicht der Relativierung von Fridman gegenüber kein Stück zurück.
  • Aus diesem Grund kommt er auch nicht Fridmans Bitte nach das Gespräch auf Russisch zu führen, einer Sprache, der beide fließend mächtig sind. Stattdessen wechseln sie stets zwischen Russisch, Englisch (beide) und Ukrainisch (Selenskyj), was bei einem drei­stündigen Interview naturgemäß schwer zu folgen ist, wenn man nicht all dieser Sprachen mächtig ist.
    • Daher hat Fridman sich für diese Episode mit ElevenLabs zusammen­getan, dem aktuell führenden Anbieter von AI-Sprach­synthese. Dadurch gibt es auf YouTube vier Audiotracks (den Originalton als „English UK“, Englisch, Ukrainisch und Russisch), die dank Sprach­synthese so klingen als würden die beiden mit ihrer eigenen Stimme in der ausge­wählten Sprache sprechen. Das ganze ist natürlich nicht mehr lippen­synchron, aber doch außer­ordent­lich gut.

Selenskyj richtet sich in seinen, somit übersetzen Aussagen immer wieder direkt an Donald Trump, das amerikanische Volk und äußert auf Nachfrage, wie sehr er doch Elon Musk respektiere. Aus seiner Sicht ist das alles mehr als verständlich und genau richtig. Das Problem – das er so nicht benennt – liegt weiterhin darin, dass die EU und allen voran Deutschland viel zu zögerlich in der umfänglichen Unterstützung der Ukraine bleibt. Womit es abzuwarten bleibt, welche Dynamik das in den kommenden Wochen unter Trump annehmen wird. Hoffen wir das beste (eine starke, abgesicherte Ukraine).

Ich freue mich auf meinen Babelfisch.

Nur um das mal festzuhalten: Gestern hat Elon Musk das Video einer „rechtsextremen deutschen Webvideoproduzentin“1 mit dem Kommentar „Only the AfD can save Germany“ retweetet2. Es folgten weitere Pro-AFD-Postings, eine Videodanksagung von Alice Weidel an Musk, die populistische Ausschlachtung des Attentats von Magdeburg und die Beleidigung von Bundeskanzler Olaf Scholz als „incompetent fool“, der sofort zurücktreten solle.

Gleichzeitig ist Musk aktuell der Einflüsterer von Präsident­schafts­rückkehrer Donald Trump, dessen republikanische Partei gerade nach einer Twittertirade von Musk ein mal mehr mit dem „Shutdown“ droht.

  1. So Wikipedia. []
  2. Keine Verlinkung zu diesem Mist. []

A Terrible Night

 
(YouTube Direktlink)

Jimmy Kimmel ab Minute 7:43 im obigem Video:

It was a terrible night for women, for children, for hundreds of thousands of hard-working immigrants who make this country go, um…

For healthcare, for our climate, for science, for journalism, for justice, for free speech. It was a terrible night for poor people, for the middle class, for seniors who rely on social security, for our allies in Ukraine… For NATO. For the truth and democracy and decency and it was a terrible night for everyone who voted against him.

And guess what? It was a bad night for everyone who voted for him, too – you just don’t realize it yet.

Was für ein Tag

Nie war das What a Week, Huh?-Meme passender. Die Nachrichten des Tages:

Beide Nachrichten sind herbe Rückschläge für progressive, sozial-liberale Politik. Olaf Scholz, seit heute Anführer der freien Welt, ist nun derart geschwächt, so dass man sich vermutlich von Blackrock bis Moskau die Hände reibt.

Civil War (2024)

Immer wieder gibt es fiktionale Filme, deren Bilder den Zeitgeist so über­spitzen, dass sie einen Ausblick auf Perspektivisches bieten. »Outbreak« (1995) zeigt Bilder, die uns heutzutage allzu geläufig sind. »The Siege« (1998), hierzulande »Ausnahmezustand«, zeigt nach einer Serie von Terror­anschlägen wie es zu Menschen­rechtsver­letzungen gegen arabisch­stämmige Amerikaner kommt.

»Civil War« versetzt uns nun in ein vom Bürgerkrieg entzweites Amerika, in dem ein fragwürdiger Präsident eine dritte Amtszeit bekleidet und das Militär gegen die eigenen Bürger eingesetzt hat. Ohne großes Setup begleiten wir eine Gruppe von erfahrenen Kriegs­bericht­erstattern – ergänzt um eine junge Foto­journalistin, die wie wir die Grauen des Krieges auf heimischem Boden knallhart kennenlernt. Entsprechend bildgewaltig ist das, was Alex Garland uns hier präsentiert. Immer wieder kurz unterbrochen durch die festge­haltenen, eindring­lichen Fotos unserer Protagonisten.

Still aus dem Film »Civil War« (2024). Es zeigt eine weibliche Journalistin mit einer Weste mit der Aufschrift ‘Press’ sitzt am Boden an eine Wand gelehnt und blickt aufmerksam nach links. Die Wand hinter ihr ist mit bunten Farbstreifen in Blau und Pink besprüht. Bewaffnete Soldaten in taktischer Ausrüstung und Tarnkleidung gehen an ihr vorbei und scheinen sie nicht wahrzunehmen. Die Szene fängt einen angespannten und nachdenklichen Moment ein, in dem die Ruhe der Journalistin im Kontrast zur Bewegung der Soldaten steht.

Dass wir vergleichsweise unvermittelt ins Geschehen einsteigen ist ebenso wie die Reise, auf der wir die Journalisten begleiten, eine Stärke des Films. Die blaupausenhafte Figurenkonstellation leider nicht, ebenso wenig das sich fügende Finale.

Dennoch überaus sehenswert, denn das Schlimme, und den Film so spannend machende, ist: Wir brauchen heute nicht weit weg zu schauen, um diese Fiktion Realität werden zu lassen. In der Ukraine sind die hier gesehenen Bilder von zerstörten westlichen Welten Realität. Und was wenn Trump sich nächste Woche nicht dem Votum der Wähler beugt, sollte Harris gewinnen? Oder alles verzögert? Was am Ende seiner zweiten Amtszeit? Hoffen wir, dass es Fiktion bleibt.

Rating: 4/5

Weitere Rezensionen zum Film aus der Nachbarschaft:

The Verge: A vote for Donald Trump is a vote for school shootings and measles

An endorsement of democracy, solving problems, and Kamala Harris.

Nilay Patel, Chefredakteur von The Verge, mit einem hervorragend argumentierten Endorsement für Kamala Harris. Was die Washington Post unter Bezos – trotz jahrzehntelanger Tradition der Endorsements durch US-Publikationen – nicht mehr hinbekommt1, muss nun eine kleine, feine Tech-Publikation richten.

Und dass es eine Tech-Publikation ist, ist nur konsequent in einer Zeit, in der Tech-Milliardäre ungeachtet der gesellschaftlichen Konsequenzen für ihren eigenen Vorteil Trump umgarnen.

  1. Im Pioneer Morning Briefing hat Gabor Steingart diese Woche argumentiert, dass das richtig sei, weil Medien neutral berichten sollten. Das mag hierzulande so sein, aber in den USA verhält es sich mit den Political Endorsements eben anders. Dass die Post nun auch die Konsequenzen dafür tragen muss, indem sie seit der Ankündigung bereits 250.000 Abos verloren hat – 10% ihrer Abonnenten –, kann folglich nur begrüßt werden. []

What Elon Musk really wants

The Tesla and X mogul has long dreamed of redesigning the world in his own extreme image. Trump may be his Trojan horse.

Genau das richtige für einen ruhigen Sonntag­morgen.

Meine Zusammenfassung: Zwei 80er-Jahre-SciFi-Villains – der übertriebene, etwas dümmliche Präsident, der im ersten Teil an seinem Ego gescheitert ist, und der vermeintlich brillante Tech-Milliardär, der unserem Actionhelden kurz vor Schluss seinen ganzen perfiden Plan offenbaren wird – tun sich für das Sequel zusammen. Der Erste, um sein Ego zu regenerieren, der Zweite, um den feuchten, libertär-autoritären Traum eines Peter Thiels wahr werden zu lassen: eine Technokratie der Milliardäre, die noch den letzten Penny aus dem Pöbel presst.

Of all the risks posed by a second Trump term, this might be one of the most terrifying.