#deutscher film

Abschussfahrt

Wahrscheinlich war es so, dass Regisseur und Autor Tim Trachte eines Abends auf einer langweiligen Studentenparty den beschwipsten Ausführungen eines angehenden Juristen lauschte, als er von dessen Lieblingsfilmen »Eurotrip«, »Hangover« und »Hostel« erfuhr. Wie von der Tarantel gestochen schreckte der studierte Dramaturge auf, kippte seinen Wodka-Red-Bull herunter und raste in seine Wohnung. Dort verbrachte er die folgende Nacht – ach was, die folgenden Nächte – an seinem Schreibtisch und schrieb das, was den Filmförderern der Republik das Oettinger im Mund zusammenlaufen lassen sollte: eine Teenie- und Trunkenbold-Komödie, die das beste aus ominösen US-Partyfilmen und »Harte Jungs« vereint, zur Not aber auch noch mit Mutti geguckt werden kann. Genial.

Auch die Jungschauspieler überzeugen auf ganzer Linie, wirken sie doch ab und an wie echte Menschen. Mir ist es ein Rätsel, dass dieses Vorzeigeexemplar des deutschen Films nicht als neues »Fack Ju Göhte« gehandelt wird, ist doch jede noch so belanglose Anekdote aus jedermanns eigener Klassen- und Kursfahrt unterhaltsamer als das hier.1

EMDb – Rating: 1/5

  1. Zu meiner Verteidigung: Ich habe den Film im Rahmen eines Sneak Previews sehen müssen, das ich aufgrund kurzzeitigen Selbsthasses nicht verlassen konnte. []

Who Am I (2014)

Ein deutscher Hackerfilm mit den besten und kinokassentauglichsten, die das Land zu bieten hat: Tom Schilling, Elyas M´Barek, Wotan Wilke Möhring und Tech-Nick. Packen wir noch alle Themen, die momentan, neuerdings oder schon immer gut gehen, dazu – namentlich also Nerds, Superhelden, den Watch Dogs-Trailer, Revolution!, Parties, Porsche, die obligatorische Love Story und ein bis zwei Fincher-Filme – und schon haben wir »Who Am I«, eine ziemlich sichere Wette. Klingt schlimmer als es ist, denn tatsächlich verbirgt sich zwischen den ganzen Buzzwords und dem unentwegten Namedropping ein durchaus guter, unterhaltsamer Cyber-Thriller.

Dabei ist »Who Am I« oft und vor allem zum Ende ein Kuddelmuddel und, klar, wird sich die technische Realität dabei mal mehr, mal weniger zurecht gebogen. Die Figuren sind hauchdünn, die metaphorische Darstellung des Cyberspace etwas zu dick aufgetragen. Zudem verpasst der Film leider die so sehr auf der Hand liegende Chance, die Totalüberwachung seit Snowden zu thematisieren. Und natürlich gibt er der breiten Masse das vereinsamte Klischee-Kellerkind, das ja eigentlich nur geliebt werden will. Aber am Ende des Tages – Willkommen in der Zuckerberg-Galaxis! – wird jedoch eben das zum gefeierten Zauberkünstler. Und ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass mir das – trotz so mancher Flaws – nicht gefallen hat (und nicht immer wieder gefallen wird).

Oder um es mit den Worten des Austauschstudenten, der neben uns saß, am Ende der 105 Minuten zu sagen: „This movie makes me want to be a German hacker.“

EMDb – Rating: 3,5/5

Review-Rundumschlag #7

Der Januar nähert sich seinem Ende und wie ihr vielleicht bemerkt habt, gab es im nun nicht mehr ganz so neuen Jahr noch kein einziges Film-Review. Weil ich als viel beschäftigter, viel gefragter und auch noch mit anderen Interessen ausgestatteter Mann mal wieder nicht dazu gekommen bin. Daher im folgenden fünf Review-Schnellschüsse, der Vollständigkeit halber (und wie ihr seht, habe ich eine Karte verbummelt; für die Statistik: Surrogates kostete 6,30 im UCI Hürth).

Mitternachtszirkus: Noch so eine Fantasy-Buchreihe, die im Rahmen von Harry und Edward auf die große Leinwand kommt – muss das denn sein? Sicherlich nicht, aber trotzdem lässt es sich im Cirque du Freak gut aushalten. Was vor allem daran liegt, dass man sich hier nicht zu ernst nimmt: John C. Reilly und Willem Dafoe als freakige Vampire, Salma Hayek als bärtiges Orakel und ein fetter Bösewicht mit dem Namen Mr. Tiny – was will man mehr? Schade nur, dass Mitternachtszirkus alles nur anschneidet und daher lediglich wie der Prolog einer Geschichte daherkommt, deren Fortgang wir wegen bescheidenem Einspielergebnis eventuell nie mehr zu sehen bekommen. Ein in sich geschlossener Film hätte da nicht nur von weiser Voraussicht gezeugt, sondern dem Endergebnis auch besser getan. 2,5/5

Haben Sie das von den Morgans gehört?: Diese RomCom ist schnell gepitcht: „Sarah Jessica Parker ist Carrie Bradshaw, die mit Hugh Grant, der seinen Standard-Hugh Grant spielt, in Trennung lebt. Urplötzlich finden die beiden sich im Zeugenschutzprogramm wieder und rütteln sich wieder zusammen. Bäm!“ Der Rest ist Standardkost, aber weil mir die Ausgangssituation gefällt und ich Hugh Grant irgendwie mag, gibt’s gute zwei von fünf Punkte auf der ‚Romantic Comedies aus männlicher Sicht‘-Skala. 2/5

Avatar (zweite Sichtung): Wie im Review angekündigt, wollte ich mir Camerons „Der mit dem Wolf tanzt“ nochmal geben. Schließlich bekommt man ihn aller Voraussicht nach, so bald nicht mehr im Kinoformat-großen 3D zu sehen und außerdem hat er mir gut gefallen. Und was soll ich sagen? Auch beim zweiten Mal war ich begeistert. Storytechnisch wird das Rad hier nicht neu erfunden, das stimmt, aber insgesamt ist das perfektes Kino. Sehr klassisch, aber perfekt, ich bleibe dabei. 5/5

Surrogates: Bruce Willis in einer Utopie, die sich ziemlich schnell als Dystopie herausstellt. Denn im Jahr 2017 verlassen die Menschen ihre eigenen vier Wände nicht mehr selbst, sondern nur noch über ferngesteuerte, menschlich aussehende Roboter, s.g. Surrogates – weil das sicherer ist. Als eine Art Virus aber nicht mehr nur den Surrogate zerstört, sondern auch den vermeintlich sicheren Menschen tötet, gerät diese Stellvertretergesellschaft ins Wanken… Surrogates basiert auf der gleichnamigen Comicserie und hört sich in der Tat sehr vielversprechend und interessant an. Und tatsächlich ist dieser von Blade Runner und I, Robot inspirierte Mix auch recht unterhaltsam, schwächelt dann aber leider aufgrund diverser Logiklöcher und Unstimmigkeiten doch zu sehr. 2/5

Friendship: Äußert sympathischer, klassischer Roadmovie, der den Titel wunderbar bebildert. Denn genau darum geht’s in dieser „fast auf wahren Begebenheiten basierenden“ Komödie: Freundschaft, ergänzt um Völkerverständigung und der an hiesigen Kinokassen (und bei der Filmförderung) immer gut kommenden Prise Deutsche Geschichte. Teilweise läuft die USA-Reise der Freunde zwar etwas zu rund und wirkt arg konstruiert, aber dennoch: 110 Minuten gute Unterhaltung, nicht mehr und nicht weniger. 2,5/5

Vorsicht, Comedians im Kino

Eigentlich wollte ich mir Männersache, den Kinofilm von Mario Barth, gar nicht ansehen. Auch wenn Herr Barth einen super Einstand hinlegte und mich in der Nachbarkleinstadt im privaten Rahmen mit seinem Programm wirklich begeistern konnte, ließ mein Enthusiasmus zu Beginn seines zweiten Programms doch recht schnell nach, da seine Geschichten beim ersten Hören zwar witzig sind und natürlich auch die gewünschten Kabbeleien unter Pärchen erreichen, jedoch beim zweiten Mal schon eher ausgelutscht wirken. Jedenfalls überzeugte mich überraschenderweise ein Fernseh-Special zum Film und so ging ich am Freitagabend eben doch ins Kino.

Leider war mein Geld nicht gut angelegt. Ich hätte besser auf meine weibliche Intuition vertraut und mir Shopaholic angesehen. Alle (!) guten Witze sind mal wieder im Trailer oder in den allseits bekannten Outtakes verbraten worden. Ansonsten war der Film einfach nur vorhersehbar und zu sehr gewollt. Ich habe keine außergewöhnliche Story erwartet, aber mir einfach etwas mehr Ideenreichtum gewünscht. So hören wir schon wieder die selben Sprüche wie schon im ersten realen Programm von Mario (der im Film übrigens Paul heißt und Paul Panzer heißt Hotte, WTF?) zu hören waren – nur eben schlechter.

Zur Story: Paul (also Mario) lebt mit seinem Vater Rudi im selben Haus wie sein bester Freund Hotte (Paul, also Dieter Tappert) und dessen Freundin Susi, welche dem besten Freund ihres Liebsten so rein gar nichts abgewinnen kann. Paul tritt abends ziemlich erfolglos als Komiker auf, bis er eine Geschichte aus Hottes und Susis gemeinsamem Leben erzählt. Dieser Ausrutscher landet durch eine nette Freundin von Susi prompt in der Zeitung und Hotte und Paul streiten sich. Immer weiter. Und weiter. Ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass es natürlich ein Happy End gibt.

Etwas Gutes zum Film? Die beste Szene hat Sido als Guido, aber auch dies ist kein Grund sich den Film anzusehen. Ganz eventuell als Riesenfan mal auf DVD, aber eher nicht im Kino.

EMDb – Rating: 0,5/5

Eine Schulklasse macht Ärger

Vor einer Woche habe ich Die Welle gesehen. Und auch nachdem nun diese eine Woche zwischen dem Film und mir liegt, habe ich eigentlich keinerlei Lust was darüber zu schreiben. Nicht, dass es schlecht war oder ich den Kinobesuch bereue – nein, ich mochte den Film sogar, finde das Thema interessant und Jürgen Vogel mag ich sowieso. Daher eines vorweg: Die Welle ist okay und bestimmt auch, zwecks thematischer Sensibilisierung der Zuschauer, wichtig. Aber: Meines Erachtens wird überhaupt nicht deutlich, warum sich die Jugendlichen der faschistoiden Bewegung anschliessen. Die Welle? Cool, mach ich mit! Ein bisschen unreflektiert das ganze. Meine kleine große Cousine meinte, dass der Film als Ergänzung zum Buch ganz gut geworden ist. Für mich aber, der ja keine Bücher lesen kann, fehlt schlichtweg etwas. Also macht euch am besten selbst ein Bild. Oder auch nicht.

Hardcover – Weltexklusiv erstes Review

Zu Beginn war die gestrige Sneak von Vorurteilen geprägt: Finanziert durch die Filmförderung NRW, produziert vom WDR und Arte. Och Gott, was wird da auf uns zukommen? Hardcover kam auf uns zu und darum geht’s in der deutschen Produktion: Christoph ist Teilzeit-Autor eines drittklassigen Krimiheftchens und arbeitet hauptberuflich bei einer Autovermietung. Als eines Tages Vollzeit-Assi Dominik auftaucht und ein Auto bei Christoph klaut, dennoch aber von Christoph gedeckt wird, schließen die beiden einen Deal: Christoph begleitet Dominik bei seinem Alltag als „real gangster“, um darüber ein richtiges Buch (mit Hardcover) zu schreiben. Klar, dass die beiden ein ungleiches Paar sind und Christoph immer mehr ins Milieu rutscht. Und was wir dabei zu sehen bekommen, ist nicht weniger als der Beweis dafür, dass deutsche Komödien auch richtig gut sein können sobald man sich vom Comedy-Freitag-Format der Bully- und Wixxer-Filme verabschiedet. Wer über sonnenbankgebräunte Düsseldorfer Gangster lachen kann, die auf nichts mehr als ihre „street credibility“ achten, der ist hier gut aufgehoben. Ja, der Film hat Kultpotential. Wenn ihr ab dem 3. April ins Kino eurer Wahl geht und euch Hardcover anseht, habt ihr meinen Segen.

Hui, der Film hat erst heute Abend seine Premiere. Mensch sind wir wieder schnell hier…