Tim Urban hat 2014 und 2015 zwei viel beachtete Blogposts auf Wait but why veröffentlicht, in denen es um die Länge des eigenen Lebens geht:
- In Your Life in Weeks illustriert er, in einer überschaubaren Darstellung, wie kurz unser Leben runtergebrochen in einzelne Wochen ist und wirkt.
- In The Tail End hat er diesen Blickwinkel dann auf sein eigenes Leben angewandt: Damals 34 Jahre alt und optimistisch von einer Lebenserwartung von 90 ausgehend, hielt er fest, dass ihm also noch rund 60 Winter, 60 Super Bowls und 700 Pizzen1 bevorstehen.
Die wichtigste Beobachtung ist aber diese: Wenn er davon ausgeht, dass er als Erwachsener seine Eltern nur für rund 10 Tage im Jahr sieht, dann sähe er sie – würden seine Eltern leben bis er 60 ist – nur noch rund 300 Tage. Was nur 3% aller Zeit, die er in seinem Leben mit ihnen verbracht, umfasst. That’s it.
Für ihn ergeben sich daraus drei Handlungsempfehlungen, nicht nur im Bezug auf Eltern, sondern loved ones generell:
- Living in the same place as the people you love matters. I probably have 10X the time left with the people who live in my city as I do with the people who live somewhere else.
- Priorities matter. Your remaining face time with any person depends largely on where that person falls on your list of life priorities. Make sure this list is set by you—not by unconscious inertia.
- Quality time matters. If you’re in your last 10% of time with someone you love, keep that fact in the front of your mind when you’re with them and treat that time as what it actually is: precious.
Während mir mit unserer gerade 14 Monate alten Tochter noch die 95% bevorstehen, die wir gemeinsam verbringen werden, sah das bei meiner verstorbenen Mutter anders aus: Wir wussten seit Anfang 2022, dass wir nur ein paar Monate, vielleicht noch ein gemeinsames Jahr haben würden.
Weshalb ich so viel Zeit mit ihr verbracht habe wie möglich. Als die Diagnose klar war, habe ich mich um eine Wohnung bemüht, die nur fünf Minuten Fußweg von uns entfernt war, so dass ich jeden Tag bei ihr vorbeischauen konnte. War sie eine Woche im Krankenhaus, war ich sechs Tage davon da.
Meine Mutter hatte zwischen ihrer plötzlichen Erkrankung und ihrem Tod noch 382 Tage2, von denen, wie ich Anfang 2023 festhielt, „es mehr gute und schöne als schlechte Tage für sie und uns [gab].“ Von diesen 382 Tagen war ich rund 350 bei ihr. Oft auch mehrfach am Tag, meistens vor und nach der Arbeit.
Mehr Tage hätten wir, nach Tim Urbans obiger Rechnung eh nicht gehabt. Von daher bin ich froh, dass wir das Maximum rausgeholt haben.