Amsterdam gilt seit jeher als Musterbeispiel gelungener Stadtplanung. Bereits 1851 begann die Stadt, systematisch Daten der Bevölkerung zu erheben, um optimal ihre Ressourcen zu verteilen. Fürs „Bevolkingsregister“ gaben die Einwohner bereitwillig Beziehungsstatus, Beruf und Religionszugehörigkeit an. 1936 stieg man sogar auf die Datenerfassung mit einem hochmodernen Lochkartensystem um. 1939 aktualisierte eine Volkszählung das Stadtregister nochmals.
Im Mai 1940 rissen die einmarschierten deutschen Besatzer das Register an sich und ermittelten anhand dieses Datenschatzes in wenigen Tagen fast alle jüdischen Einwohner. Ein Großteil der rund 100 000 Amsterdamer Juden wurde ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Von einem Tag auf den anderen entschied ein Marker im Big-Data-Pool über Leben und Tod. Zuvor hatte 90 Jahre lang niemand etwas zu verbergen gehabt – schließlich diente die Erfassung ja dem Wohl aller.
#überwachung
Heute vor 70 Jahren ist die Erstausgabe von GeorgeOrwells 1984 erschienen.
„Kaltgestellt – Endspiel für Assange“
Was macht eigentlich Julian Assange? Theaterregisseurin Angela Richter hat ihn in der ecuadorianischen Botschaft in London besucht, in der er seit sieben Jahren ausharrt, um einer Auslieferung in die USA zu entgehen, in der, wie sich zwischenzeitlich herausstellte, tatsächlich undurchsichtige Strafanzeigen gehen ihn bestehen.
Seit März letzten Jahres lebt Assange in der Botschaft unter Vollüberwachung praktisch in Isolation, zuletzt hat man ihm die Heizung abgestellt und das Bett weggenommen. Ecuador will ihn offensichtlich loswerden und ihm den weiteren Aufenthalt dazu möglichst schwierig gestalten. Derweil verliert die Öffentlichkeit das Interesse am Fall Assange. Warum dessen Schicksal aber so wichtig ist, egal wie man zu seiner Person und seinem Schaffen steht, stellt Richter konsequent heraus:
Was ihm mitten in Europa seit Jahren widerfährt, zeigt, was jedem widerfahren könnte, der es wagt, seine Stimme zu erheben und die Wahrheit über die Mächtigen zu enthüllen. Und das nicht etwa in Russland oder China, sondern im freien Westen.
Der Ball liegt beim Vereinigten Königreich, wo man die Zusage einer Nicht-Auslieferung in die USA aber weiterhin verweigert.
Bundesregierung plant offenbar automatisierte Massenüberwachung bei Diesel-Fahrverboten
Natürlich: anstelle von Hardware-Nachrüstung auf Kosten der schuldigen Hersteller bekommen wir jetzt einen vom Steuerzahler finanzierten Überwachungsapparat und bestrafen den Otto-Normal-Fahrer damit gleich doppelt. Welch schöne neue Welt!
Schleichend zum Überwachungsstaat
BND-Gesetz, Vorratsdatenspeicherung, verschlüsselte Dienste wie WhatsApp knacken: In den vergangenen Monaten wurden in Deutschland teils drastische Überwachungsmaßnahmen auf den Weg gebracht.
🙈 🙉 🙊
Dateiname LOG.TXT – Recherche zur Keylogger-Affäre in der taz
Anfang 2015 kam heraus, dass Computer in der taz mehr als ein Jahr lang ausgespäht wurden. Die Recherche zum Fall führt bis nach Asien.
Medienkrimi-Longread.
Studie belegt, dass brisante Wikipedia-Artikel seit den Snowden-Enthüllungen weniger aufgerufen werden
Die vorliegenden Daten zeigen einen nachhaltigen Einfluss der Überwachungsprogramme auf das Verhalten der Wikipedia-Nutzer. Wenn Bürger sich nicht trauten, sich über brisante Themen zu informieren, leide auch die öffentliche Diskussion und dadurch auch die politische Willensbildung.
Wer hätte damit rechnen können?
@Snowden
Edward Snowden twittert seit heute. Wir hatten ja letztens schon beim @POTUS die Info bekommen, dass dessen Follower überwacht werden. In diesem Fall dürfte das spätestens morgen früh ebenfalls so sein. Wer also auch endlich ein bisschen NSA-Aufmerksamkeit abgreifen möchte, tut es mir und aktuell 590.295 anderen gleich und folgt dem Staatsfeind Nr. 1.
.@neiltyson Thanks for the welcome. And now we’ve got water on Mars! Do you think they check passports at the border? Asking for a friend.
â Edward Snowden (@Snowden) September 29, 2015
Update, 02.10.2015: Edward Snowden, mittlerweile mit mehr als 1,2 Millionen Followern, hat verraten, dass er es nach seiner Anmeldung bei Twitter vergessen hat, Twitters Email-Benachrichtigungen zu deaktivieren. Das Ergebnis: 47 GB an Emails in seiner Inbox.
Generalbundesanwalt ermittelt gegen Netzpolitik.org wegen Landesverrat
Wenn es nach Verfassungsschutz-Chef Maaßen und Generalbundesanwalt Range geht, sitzen Markus [Beckedahl] und ich [Andre Meister] bald zwei Jahre lang im Gefängnis. Heute wurden wir offiziell über Ermittlungen gegen uns und Unbekannt informiert. Der Vorwurf: Landesverrat.
Das ist ein krasser Angriff auf Pressefreiheit. Man kann nur hoffen, dass das den Verantwortlichen in Politik und Justiz sowas von um die Ohren fliegt.
Update, 01.08.2015: In der aktuellen Episode des Netzpolitik.org-nahen Podcasts „Logbuch: Netzpolitik“ redet Linus mit den beiden vermeintlichen Landesverrätern. Sehr hörenswert – wie auch sonst immer.
SPD-Parteikonvent stimmt für Vorratsdatenspeicherung
Sie ist wieder da! Netzpolitik.org:
Überraschung: Die Parteifunktionäre der SPD haben auf dem kleinen Parteitag für die Vorratsdatenspeicherung gestimmt. Es soll 124 Stimmen dafür und 88 Ablehnungen bei 7 Enthaltungen gegeben haben.
Christian Stöckers Fazit dazu auf SpOn:
Die Freiheit aller wird eingeschränkt, damit man sich im Fall der Fälle nicht vorwerfen lassen muss, man habe sie nicht rechtzeitig eingeschränkt.
Man könnte es auch so formulieren: Die Terroristen haben schon gewonnen.