Da ich während meines Praktikums und in der ersten Vorlesungswoche nicht dazu gekommen bin, hier also meine Eindrücke der zuletzt angesehenen Kinofilme. (Und jetzt, wo ich wieder Vollzeitstudent bin, sollten auch wieder wesentlich mehr Lichtspieltheaterbesuche und ergo mehr Reviews drin sein.)
Wie das Leben so spielt
Wie das Leben so spielt, im Original einfach „Funny People“, ist der neueste Streich von Regisseur, Autor und Produzent Judd Apatow, dem Mann hinter so ziemlich jeder Komödie amerikanischen Ursprungs, die in den letzten Jahren an dieser Stelle gelobt wurde. Nachdem das Apatow-Konglomerat zuletzt mit Pineapple Express einen Ausflug in Actiongefilde und mit Year One in die abseitigere Historien-Parodie wagte, folgen nun wieder ernstere, in der Realwelt angesiedelte Töne. So geht’s in „Wie das Leben so spielt“ um das Comedy-Geschäft selbst: Als der erfolgreiche Star-Comedian George (Adam Sandler) schwer erkrankt, engagiert er den Nachwuchskünstler Ira (Seth Rogen) als seinen Assistent mit dem hintergründigen Ziel jemanden an seiner einsamen Seite zu haben. Schließlich hat George seine große Liebe mit zahlreichen Affären vergrault und wünscht sich im Angesicht des Todes nichts mehr als zu ihr zurückzukehren. Sie hat mittlerweile zwar Familie, doch George nutzt seine Lage, um seine Chancen zu steigern – was für Ira mehr als verwerflich ist…
Nein, man hat es hier wahrlich nicht mit der seichten Komödie zu tun, die manch einer bei den Namen erwartet hätte. Vielmehr ist „Funny People“ eine wahre Tragödie – die, auch bedingt durch das Setting, zu Scherzen aufgelegt ist. Ganz Apatow bewegt sich der Humor dabei unter der Gürtellinie, verfehlt sein Ziel meistens jedoch nicht. Ärgerlich ist dabei nur, dass die eigentlichen Auftritte der Comedians die humorigen Tiefpunkte darstellen. Alltagssituationen und beiläufige Äußerungen weisen da viel mehr Witz auf. Womit wir auch bei der Stärke des Films wären: der Alltäglichkeit der Handlung. Was hier passiert, passiert tausende Male am Tag. Und genau so witzig und unterhaltsam ist „Wie das Leben so spielt“. Oder eben nicht.
Die nackte Wahrheit
Eine Komödie von ganz anderem Schlag wäre dann Die nackte Wahrheit („The Ugly Truth“). Sparta-König Gerard Butler und Grey’s Anatomy-Flitte Katherine Heigl, die ja nach dem von Apatow produzierten Knocked Up eigentlich nicht mehr in diesen furchtbaren frauenfeindlichen RomComs mitspielen wollte, kämpfen sich unter der Regie von Robert Luketic durch, richtig, eine Romantic Comedy.1 Genauer gesagt soll er, der Frauenheld und Amateur-Moderator, der in seiner Sendung im offenen Kanal Beziehungstipps gibt und damit sämtliche Quotenrekorde einfährt, ihr dabei helfen, ihre etablierte, aber zunehmend schwächelnde Sendung im ortsansässigen Network auf Vordermann zu bringen. Dass er ihr dabei früher oder später nicht nur beruflich unter die Arme greift, sondern auch das Privatleben der Karrierefrau aufpeppeln will, ist Ehrensache. Wenn da nur nicht diese blöden Gefühle füreinander wären…
Über den Ausgang des Films müssen wir hier keine Worte verlieren, den kann jeder auf Anhieb richtig erraten. Widmen wir uns also dem Weg zum Ziel: Während Katherine Heigl lediglich Stangenware ist, hat man den selbstsicheren TV-Playboy mit Gerard Butler so perfekt besetzt, dass einem das Zusehen und -hören wirklich Spaß macht. Leider hat man jedoch davon abgesehen ihn alleine für 96 Minuten vor die Kamera zu setzen, wodurch das Endergebnis solide, aber nicht umwerfend oder geschweige denn innovativ geworden ist. Sprich: Kann man machen, muss man aber nicht. (Und nur am Rande, weil’s mich im Kino wohl als einzigen gestört hat: der Film ist beschissen geschnitten, aber maybe that’s just me…)
Oben
Und dann war da noch Oben („Up“), der neue Pixar-Film. Wie die Stammleserschaft weiß, bin ich ja alles andere als ein „Pixar-Fan“, wenngleich mir WALL-E zuletzt richtig gut, um nicht zu sagen überaus sehr gut gefallen hat. Ansonsten kann ich dem Hype aber ausnahmsweise nichts abgewinnen und es interessiert mich dementsprechend kaum bis gar nicht, in welchen verrückten Mikrokosmos John Lasseter & Co. uns im nächsten ihrer Filme entführen. So auch bei „Oben“: alter, verbitterter Mann fliegt mit seinem Haus nach Südamerika; an seiner Seite ein kleiner, dicker Junger. Mit diesem Vorwissen belastet, sollte ich den Kinosaal betreten und in den nächsten 96 Minuten erfahren, dass es in Pixars zehntem Spielfilm jedoch um so viel mehr geht. So flüchtet der 78 jährige Carl, der Zeit seines Lebens als Luftballonverkäufer gearbeitet und zusammen mit seiner Frau Ellie gelebt hat, nach deren Tod vor der Abschiebung ins Altenheim, indem er eben unzählige Ballons an seinem Haus befestigt und damit gen Südamerika, Ellies und seinem Traum entgegen, fliegt. Dass er nebenher den ungeschickten Pfadfinderjungen Russel, der unbedingt ein Abzeichen für „den Alten helfen“ bekommen möchte, mitgenommen hat, trägt nicht unbedingt zu Carls Laune bei. Ebenso wenig, dass am Ziel angekommen ganz neue Probleme auf ihn warten.
Was sich nun nach der umfassenden Nacherzählung von Ellie & Carls Leben anhört, wird tatsächlich in einer zwanzig Minuten kurzen, absolut beeindruckenden, fast dialoglosen Montage abgehandelt, die zeigt, wie sehr man die Animations- und Erzählkunst auf dem Pixar-Campus bereits perfektioniert hat. Danach geht’s zwar konventionell, aber nicht weniger gut weiter: Carl und Russel kommen nach Südamerika, wo ihnen nun jedoch der ortsansässige Altabenteuer das Leben schwer macht. Während dieser Part gewohnte Erzählmuster bietet und alles von sprechenden Hunden zu actionreichem Slapstick zeigt, ist die Tragödie, in der dieser alte Mann steckt, indes jedoch keineswegs vergessen. Umso mehr freut man sich mit ihm, wenn er wieder auf Russel zugehen und schließlich auch Ellies Tod verkraften oder zumindest akzeptieren kann. Unabdingbar für dieses Gefühlschaos ist natürlich ein mitreißender Soundtrack – und den hat Michael Giacchino hier in perfekter Form abgeliefert. Dass die Animationen gewohnt überzeugend sind, ist sowieso klar, so dass mir nur noch folgendes zu sagen bleibt:
„Oben“ ist meiner bescheidenen Meinung nach der bisher beste Pixar-Film und ein wirklich, wirklich, wirklich fantastischer Film. Das ist Kino wie es sein soll. Die Herren Docter und Peterson, ich ziehe meinen virtuellen Hut.
- Keine Ahnung, was Luketic bisher so geleistet hat, aber er ist immerhin im Gespräch für das Remake des besten Psychodelic-SciFi-Steifen aller Zeiten: Barbarella. Streng dich also an, Junge! [↩]