Einträge von April 2009

Who wants to be a Slumdog?

Weiter geht’s mit dem Review-Nachholen und mit einem Film, der in der Oscar-Nacht die Aufmerksamkeit auf sich zog wie kein anderer: Slumdog Millionär, die als „feel-good film of the decade“ angepriesene, fiktive Geschichte vom bettelarmen Jamal Malik, der es irgendwie zu Indiens „Wer wird Millionär?“ schafft und dort, während ihm die ganze Fernsehnation zuschaut, die Chance hat, das ganz große Geld zu gewinnen. Doch ganz so einfach macht es Danny Boyle seinem Slumdog nicht: In der Nacht auf die alles entscheidende Sendung wird Jamal kurzerhand festgenommen, da Polizei und Moderator davon überzeugt sind, der arme, halb kriminelle Junge habe in der Sendung betrogen. Während des Verhörs – und das ist das Grundkonzept des Films – kann Jamal haarklein rechtfertigen, wieso er die Antworten wusste, da diese natürlich unmittelbar mit seiner Lebensgeschichte zusammenhängen.

Meines Erachtens wirkt das ganze ziemlich konstruiert. Wobei Konstruiertheit natürlich nicht unbedingt was negatives sein muss, sondern eine Erzählung mitunter erst erzählenswert machen kann. Hier jedoch wirkt alles aufgesetzt und angestrengt und es scheint mir, als hätte man regelrecht auf diesen Achtungserfolg hinproduziert. Größter Stein des Anstoßes ist jedoch dieser „feel-good film of the decade“-Marketing-Mist! In Slumdog Millionär geht’s um menschenunwürdige Zustände: Armut, Kinderarbeit und Klassenunterschiede, denen man – es sei denn es tritt der höchstunwahrscheinliche Fall ein, dass man es ins Fernsehen schafft – einfach nicht entrinnen kann. Wie kann ich da, auch wenn dem Jungen am Ende Reichtum und seine große Liebe zuwinken, noch von einem „feel-good film“ sprechen? Das kann nicht mal die Tanzsequenz am Ende rechtfertigen! Die selben Marketing-Menschen hätten wahrscheinlich auch Meirelles‘ City of God, der übrigens IMHO in allen Belangen besser ist als Slumdog Millionär und „nur“ für vier Oscars nominiert war, zum „feel-good film“ des Jahrhunderts gekürt. Na dann: Bamboocha!

Nun soll aber nicht die Werbung über die Qualität eines Films entscheiden, sondern die Academy. Aber bekanntlich sind deren Wege unergründlich. So auch hier. Zwar ist Slumdog Millionär keinesfalls ein schlechter Film, aber höchstens Durchschnitt und allenfalls so originell, wie es die wöchentliche Folge „Wer wird Millionär?“ nach einem Jahrzehnt Laufzeit sein kann – formell und narrativ. Nein, mir wären das keine acht Oscars wert gewesen1. Aber ich bin ja auch nicht die Academy. Noch nicht.

EMDb – Rating: 2,5/5

  1. Der Frage, ob und welche Aussagekraft die Oscars über die Qualität eines Films haben, soll sich in diesem Blog – verzeiht! – ein anderes mal gestellt werden. []

Chev Chelios is back

Crank 2, die unmittelbare Fortsetzung des Überraschungserfolgs von 2006, ist genau die Nonsens-Gewaltorgie, die wir uns alle seit der Ankündigung des Sequels erhofft haben. Eine Prise Gesellschaftskritik und eine gehörige Portion Trash runden das Geschmacksbild gekonnt ab. Natürlich wirkt das ganze nicht mehr ganz so originell wie noch vor drei Jahren, aber Fans & Freunde von Chev Chelios und Kaiju werden vollends auf ihre Kosten kommen. Guten Appetit!

EMDb – Rating: 4/5

Nicolas Cage

Ich hatte übrigens sehr viel Spaß als ich jüngst in der Wikipedia gelesen habe, dass Nicolas Cage (hier ein Symbolbild) ursprünglich für die Rolle von Randy „The Ram“ Robinson in The Wrestler vorgesehen war. Denn falls es irgendwer der Verantwortlichen noch nicht bemerkt haben sollte, handelt es sich bei Nicolas Cage um den drittschlechtesten besten Schauspieler aller Zeiten. Klar, er ist schon irgendwie ein sympathischer Kerl, der Cage, aber nichtsdestotrotz der drittschlechteste und dazu noch der beste Schauspieler der Welt. Und jetzt stellt euch den Mal als The Ram vor…

Siehste, müsst ihr auch lachen großartig.

Wo die wilden Basterds leben

Peter Körte ist ein beneidenswerter Mann, durfte er doch durch seine Tätigkeit als FAZ/S-Reporter den Dreharbeiten von Tarantinos Inglorious Basterds beiwohnen. Erfreulicherweise teilt er uns seine Eindrücke in diesem lesenswerten Artikel mit, der die Vorfreude wieder richtig beflügelt. Einzige Wermutstropfen-förmige Frage, die sich mir jetzt stellt: Da ich es bis zum hiesigen Release im August nicht aushalte, wie komm ich im Mai nach Cannes? (via)

What would Warhol do?

Da ich mir gerade drei Warhols für’s Schlafzimmer gekauft habe (klingt komisch, ist aber so; Fotos folgen) und die Frage, was Andy Warhol so im bzw. vielmehr mit dem Internet treiben würde, wäre er denn noch am leben, eigentlich eine ganz spannende ist, hier der Hyperlink zu einem Artikel, der sich genau damit beschäftigt. (via)

We Didn’t Start the Flame War

„The new CH video that YOU helped to write, just by being you“, so die Jungs von College Humor in einem ihrer Tweets, der auf ihre Interpretation von Billy Joels immer wieder gern gehörten und gecoverten 89er-Hit We Didn’t Start the Fire verweist. Im Gegensatz zum Original befasst sich diese Version jedoch nicht mit dem alljährlichen Weltgeschehen, sondern mit den zwielichtigen, niveaulosen Kommentaren, die Webseiten wie YouTube und Digg berühmt gemacht haben. Sehr sehens- und hörenswert; rezipieren Sie selbst!


(CollegeHumor Direktfire, via)

The Expendables

Was haben Sylvester Stallone, Jason Statham, Mickey Rourke, Arnold Schwarzenegger, Jet Li, Dolph Lundgren, Danny Trejo, Eric Roberts und „Stone Cold“ Steve Austin gemeinsam?
a) Sie gehören zu den coolsten Action-Säuen, die Hollywood jemals hervorgebracht hat.
b) Sie alle (!) spielen mit in The Expendables (2010), dem neuen Söldner-Actionfilm unter der Regie von Stallone (!!), nach einem Drehbuch von wiederum Stallone (!!!), also die selben Voraussetzungen wie weiland bei Rambo 4. (Quelle: TBHL)

Bisher zwar noch nichts davon gehört, aber was ich bei da lese, gefällt dem blutrünstigen Action-Fanboy in mir doch sehr! Um aber das größte Action-Spekatakel aller Zeiten zu veranstalten, fehlt es halt nur noch an Bruce Willis, Jack Bauer und, klar, dem Chuck.

The Ram

Es ist mal wieder an der Zeit ein paar Reviews nachzuholen. Den Anfang macht heute The Wrestler, den ich zwar bereits vor über einem Monat gesehen habe, der euch allen aber dank der Oscar-Berichterstattung immer noch präsent sein dürfte. Immerhin war Schönheitskönigin Mickey Rourke als bester Hauptdarsteller nominiert, was nicht nur seiner grandiosen schauspielerischen Leistung als vielmehr auch seiner eigenen Lebensgeschichte zu schulden ist. Die Karriere des Wrestling-Profis Randy „The Ram“ Robinson, den Rourke hier verkörpert, weist nämlich einige Parallelen zur Rourkes Schauspielkarriere auf. Wie die Figur „The Ram“, so war auch Rourke in seinem Gebiet in den 80ern ein gefragter Mann, konnte aber in den 90ern nicht an die Erfolge vergangener Tage anknüpfen.

Randy „The Ram“ Robinson hält sich dabei mit so genannten Hardcore-Wrestling-Kämpfen über Wasser, die mit dem hierzulande bekannten Hulk Hogan-Entertainment-Wrestling der WWE so viel gemein haben wie eine Guppy-Zucht mit Guantanamo Bay. Medikamenten- missbrauch und Matches haben ihre Spuren an The Ram hinterlassen, er lebt in einem Trailerpark, hat keine Frau und keinen Kontakt zu seiner Tochter und wenn er die Kids zum NES-Spielen in seinen Wohnwagen einlädt, sind die von Oldschool-Konsole und -Wrestler schnell genervt. Einzig und allein die Wrestling-Kämpfe am Wochenende scheinen Randys Leben einen Sinn zu verleihen, wird er doch hier von allen akzeptiert und sogar bewundert. Doch als er dabei einen Herzinfarkt erleidet und der Stripperin Cassidy näherkommt, scheint er sich nach einem normalen Leben zu sehnen. Nach einigen Rückschlägen steigt Randy schließlich jedoch wieder in den Ring…

The Wrestler ist einer der brutalsten Filme, die ich je gesehen habe. Das liegt weniger an der expliziten Darstellung der Gewalt und vor allem der Verletzungen, noch an der überaus schmutzigen Ästhetik, in der das Geschehen präsentiert wird, sondern vielmehr an der Tatsache, dass es Menschen gibt, die sich zum Vergnügen anderer solcher Qualen aussetzen müssen, um selbst überleben zu können. Klar, wissen die Wrestler hier um die Schmerzen, haben sich selbst für diesen Weg entschieden und überdies motiviert sie natürlich auch der sportliche Ehrgeiz, aber wie Randy selbst immer wieder andeutet, können sie halt „nichts anderes“. Und die Gesellschaft, die sie am Wochenende für ihr Tun vergöttert, ächtet sie wochentags. Ein filmgewordenes Armutszeugnis unserer Zeit.

Mittendrin Mickey Rourke. Vermutlich in der Rolle seines Lebens: ein absolut sympathischer Kerl, der sich zwischen Schein und Sein verliert und letztendlich selbst zerstört. Ich weiß nicht, was Sean Penn in Milk gerissen hat, aber ich kann mir kaum vorstellen, dass es tatsächlich besser ist als Rourke in The Wrestler. Bester Film des (deutschen) Kinojahres, so far.

EMDb – Rating: 5/5