#leistungsschutzrecht

Urheberrechtsreform: Bundestag stimmt für Upload-Filter und Leistungsschutzrecht

Der Bundestag hat das überarbeitete Urheberrechtsgesetz beschlossen, dass uns schöne neue Upload-Filter und weitere Ausprägungen des bei Verlags­lobbyisten beliebten Leistungsschutzrechts bringt. Aber keine Sorge, die private Nutzung / Veröffent­lichung von „Schnipseln“ ist nun erlaubt und total sinnvoll. Nicht.

Die Ausnahme vom exklusiven Verwertungsrecht für solche Schnipsel aus Video-, Audio- und Textmaterial für nichtkommerzielle Zwecke umfasst 15 Sekunden je eines Filmwerks oder Laufbilds und einer Tonspur, 160 Zeichen eines Texts sowie 125 Kilobyte je eines Fotos oder einer Grafik. Die Klausel erstreckt sich auf nutzergenerierte Inhalte, die weniger als die Hälfte eines Werkes von Dritten enthalten, und grundsätzlich zulässige Auszüge zu den genannten Zwecken „mit anderem Inhalt kombinieren“.

(Hervorhebung von mir. Und das obige Zitat ist schon 495 Zeichen lang…)

EuGH verbietet deutsches Leistungsschutzrecht

Ein Nonsens-Gesetz weniger. Hat ja nur sechs Jahre gedauert und innovative, journalistische Digital­angebote so lange hierzulande blockiert.

Jetzt soll das europäische Leistungs­schutzrecht a.k.a. Artikel 11 der EU-Urheber­rechtsreform schnell in deutsches Recht überführt werden, fordern die, die zugunsten ihrer Lobby und ihres Geldbeutels gerne auch mal die internationale Konkurrenz­fähigkeit ihres Kontinents opfern.

Bundesregierung befürchtet „bürokratisches Monster“ weil neues EU-Leistungsschutzrecht auch für freie Software-Entwickler gelten soll

Filed under: „Die Geister, die ich rief“. Denn damit hätte jeder an einem Projekt beteiligte, freie Entwickler die Möglichkeit Anspruch auf einzelne Codezeilen zu erheben und das Projekt so rechtlich schachmatt zu setzen.

Das belustigt mich gerade sehr, weil das, wie Die Welt, die ich hier in Ermangelnung von leistungs­schutzrecht­freier Alternativ­bericht­erstattung verlinken musste, berichtet, die Digitalstragie der deutschen Politik torpediert und den Digitalstandort Europa gefährdet. Was natürlich fatal wäre, aber hey, welch grandiose Ironie des Schicksals!

Zugriff auf die Inhalte der New York Times per API

Ich predige das ja schon seit Jahren für deutsche Medien (z.B. bei der ARD-ZDF-Onlinestudie), bei der New York Times macht man derweil ganz vorbildlich Nägel mit Köpfen und stellt eine eigene Programmierschnittstelle mit verschiedenen Zugriffspunkten bereit, über die man neben aktuellen Artikeln bspw. Bestseller-Listen, Immobilienanzeigen und Film-Reviews abrufen kann. Neben den offensichtlichen Nutzungseinschränkungen scheint die einzige Bedingung dabei eigentlich nur das Verlinken des Originalmaterials zu sein. (via D64 Ticker)

Währenddessen in Deutschland: Die Suchmaschinen von 1und1 und Telekom streichen die Verlage, die in der VG Media organisiert sind und sich für die Durchsetzung des Leistungsschutzrechts einsetzen, aus ihrem Index.

LSR- und Depublizierungs-Rant

Ich habe vorgestern die Übersetzung eines Textes von Jeff Jarvis gelesen, dann aber das Original zitiert und verlinkt, weil der Akt der Überführung von Besuchern auf deutsche Verlagsangebote hierzulande ja eventuell – wer weiß das schon genau? – nicht rechtens ist. Stichwort Leistungsschutzrecht.

Ron hat mich daraufhin per Twitter darauf aufmerksam gemacht, dass Der Freitag, bei dem Jarvis‘ Text u.a. auf deutsch erschienen ist, damals „feierlich“ erklärt hat, das LSR nicht wahrnehmen zu wollen. Solche Erklärungen gibt’s auch von SpOn und sicherlich auch Zeit.de, wo ich den Text ursprünglich gelesen habe. Das ist schön und gut und wäre auch ganz lobenswert, wenn die Branche als ganzes das LSR zuvor nicht, indem kaum bis gar nicht berichtet wurde, toleriert hätte. Ist ja auch klar: Man weiß nicht, wo die Reise hingeht und wenn da wer mit einer potentiellen Einnahmequellen daherkommt, hält man lieber die Füße still. Möglicherweise lesen die Kids bald gar nicht mehr. Oder noch schlimmer: Nur noch die Headlines via Google, Facebook und Konsorten. Oder aber sie „setzen“ Links wie es ihnen beliebt. Womöglich sogar auf Opel.de. Ich schweife ab.

Jedenfalls weiß man nicht, ob Erklärungen darüber, dass weiter verlinkt und zitiert werden darf, rechtsgültige Freifahrscheine oder lediglich Lippenbekenntnisse sind. So lange dieses Unsinnsgesetz also weiterhin besteht und sei es nur als Papiertiger, werde ich – wann immer möglich – lieber auf ausländische Medienhäuser oder Nicht-Verlage verweisen. Und meinen Unmut darüber kundtun. Aus Prinzip.

Und wo wir schon dabei sind: Die Depublizierung von Inhalten der Öffentlich-rechtlichen halte ich für gleichwertigen Gesetzesmist, der 2009 eigentlich einen bundesweiten medialen #Aufschrei zur Folge hätte haben müssen. Aber hier wie da sah sich die schreibende Zunft nicht in der Lage ihrer einzigen Aufgabe, dem Bericht erstatten und Informieren, nachzukommen. Denn anstelle von Empörung darüber, dass Millionen von Deutschen das, was sie per Rundfunkbeitrag schon bezahlt haben, wieder weggenommen wird, herrschte großes Schweigen. Weil weniger tagesschau.de-Leser ja mehr Reichweite für Spiegel-, Bild-, FAZ- und Kunz Online bedeutet. Also danke auch dafür.

Oder um es kurz zu machen: Die Übersetzung von Jarvis‘ Text wird weiterhin nicht verlinkt. Trotzdem danke für den Hinweis, Ron. 😉