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Autoren außer Kontrolle

Politiker diesseits und jenseits des großen Teichs tauschen seit einigen Jahren sehenden Auges unsere Freiheit gegen eine vage Wunschvorstellung von Schutz vor irgendeinem Hirngespinst ein. Und unsere täglich (und gerne) verwendete Technik macht es ihnen einfacher denn je. Nun kann man sich der filmischen Kritik dieser Totalüberwachung auf die äußerst unterhaltsame und dementsprechend viel schwerer zu vermittelnde Art und Weise nähern, wie es die Coens dieser Tage getan haben, oder man geht den einfacheren Weg und produziert einen rasanten, erfolgsgarantierten Action-Kracher á la Eagle Eye.

In Eagle Eye setzt man dabei auf bewährte Handlungsmuster: 08/15-Typ Jerry sieht sich urplötzlich in eine Verschwörung um seine Person verzettelt. Seine Flucht vor FBI und Militärs wird dabei von einer unbekannten Frauenstimme, die scheinbar sämtliche Technik fernzusteuern weiß, per Handy koordiniert. Die Telefonstimme lässt Jerry auf Rachel treffen, die ebenfalls von der Telefonstimme kontrolliert wird. Zusammen sollen sie verschiedene (terroristische?) Aktionen für die Unbekannte durchführen. Doch – oh Wunder – nichts scheint wie es ist und Gut und Böse verschwimmen…

Die größte Leistung des Films ist noch sein Umgang mit dem amerikanischen Patriotismus. Erst gut, dann böse, dann wieder gut. Aber dann, klar, sowas von gut. Alle (!) anderen Handlungsmuster und -motive haben die Autoren woanders ausgeliehen. Beispielsweise bei Staatsfeind Nr. 1, Auf der Flucht, 2001, I, Robot und, ja, WALL-E. Es ist als hätte man Eagle Eye schon mal gesehen, was ja nicht unbedingt ein negativer Kritikpunkt sein muss. Was hingegen unbedingt der negativen Kritik bedarf, ist, mit welcher Konsequenz hier das technische Machbare ignoriert wird. Oder glaubt wirklich jemand, dass Kräne auf einem Schrottplatz über ein Netzwerkkabel verfügen, so dass man sie fernsteuern könnte? Während es der Telefonstimme auf der einen Seite möglich ist, Autos fernzusteuern, Starkstromkabel punktgenau platziert zum Platzen zu bringen und Töne aus Kaffeesatz zu lesen, so kann sie auf der anderen Seite digitale Türschlösser nicht dauerhaft verriegeln und ist prinzipiell machtlos gegen jeden Knopfdruck. Eagle Eye ist so unrealistisch, dass es keinen Spaß mehr macht. Wenn man sieht, dass Eagle Eye bei Online(!)publikationen wie Moviemaze und Filmstarts satte 70 Prozent beziehungsweise 7 von 10 Punkten bekommen hat, dann liegt die Vermutung nahe, dass deren Redaktionen noch in die Tasten analoger Schreibmaschinen hauen und beim ehrfürchtigen Anblick eines elektrischen Dosenöffners glauben, dass in Zukunft alles möglich ist.

Hätte man sich konsequent dem Trash verschrieben – oder gleich einen vernünftigen Film gemacht -, mein Urteil hätte deutlich besser ausgesehen. So bleibt Eagle Eye aber nur ein durchschnittlich unterhaltsamer, unterdurchschnittlich glaubwürdiger RTL-Sonntagabend-Streifen, der immerhin beim 12 jährigen Sohn von Max Mustermann Gefallen finden wird.

EMDb – Rating: 1,5/5

Tropisches Donnerwetter

Selbstredend bin ich ein großer Fan von Ben Stiller, Jack Black und, klar, Robert Downey Jr.. Ich habe Zoolander geliebt, verehre Tenacious D und denke, dass Downey Jr. die coolste Sau auf dem Planeten ist. Dementsprechend erfreut war ich, als ich hörte, dass die drei im Rahmen einer Komödie unter Stillers Regie zusammengefunden haben. Und daher wiederum trugen mich meine Füße am Release-Donnerstag ins hiesige Lichtspielhaus, um mit einer nicht zu knappen Erwartungshaltung Tropic Thunder zu begutachten…

Tropic Thunder ist ein Film im Film. Besagte Schauspieler spielen nämlich Schauspieler, die in dem Vietnam-Action-Epos Tropic Thunder mitspielen. Doch gestalten sich die Dreharbeiten mit den Stars schwieriger als gedacht. Die Tage vom einstigen Actionstar Tugg Speedman (Stiller) scheinen gezählt, die Eddy-Murphy-Fatsuit-Parodie, der Komödiant Jeff Portnoy (Black), hat ein Drogenproblem und Oscarpreisträger Kirk Lazarus (Downey Jr.), der sich extra für die Rolle in einen Schwarzen umpigmentieren ließ, verliert sich in seiner Rolle. Auf Druck des cholerischen Produzenten (Tom Cruise) entschließt sich der Regisseur dazu, die Dreharbeiten weg vom Set in den echten Dschungel zu verlegen. Dort befinden sich die Stars jedoch inmitten der vietnamesischen Drogenmafia und die Gefahr wird real.

Bevor der eigentliche Film allerdings beginnt, bekommt der Kinozuschauer Faketrailer á la Grindhouse zu sehen, in denen die Paraderollen der fiktiven Tropic-Thunder-Stars vorgestellt werden. Allein hierfür würde sich der Gang ins Kino bereits lohnen, doch keine Angst: auch der Film selbst hat mir gut gefallen. Während die erste Hälfte schlichtweg überragend ist und zum Unterhaltsamsten gehört, was man in diesem Kinojahr bisher zu sehen bekommen hat, bleibt die zweite Hälfte, der Main-Plot, nur gut. Zwar verbirgt sich dahinter auch ein guter Actionfilm, aber Timing & Witz der ersten Hälfte sind hinterher irgendwie verloren gegangen. Generell wäre da noch viel mehr politisch unkorrektes Potential drin gewesen, doch hat man sich hier zugunsten des Mainstream in Verzicht geübt. Schade.

Und dann war da noch was, von dem ich nie gedacht hätte, dass es möglich ist: Tom Cruise, der im fiesen Fatsuit den fiesen Produzenten mimt, ist angenehm uneitel und zutiefst unterhaltsam. Während Jim Carreys Karriere unter Stillers Regie fast zerstört worden wäre, ja, dann hat der neue Stiller-Film die Karriere vom fiesen Cruise vielleicht auch nicht gerettet, ihn aber zumindest in ein besseres Licht gerückt. Wer hätte sowas erwartet?

EMDb – Rating: 4/5

Der Webstuhl des Schicksal

Und dann war da noch Wanted. Bereits vor einer Woche gesehen, da ich aber im Moment ganz gut ausgelastet bin (dazu später mehr), hab ich meine überraschende Meinung bisher noch nicht in Worte gefasst, was ich hiermit erledigen möchte. Man kommt ja einfach zu nichts mehr! Und früher war auch alles besser! Gerade letzteres dachte ich mir, als ich zum ersten Mal den Trailer zu Wanted sah: Frühe® waren Actionfilme besser. „Ein Film über’s Um-die-Ecke-schießen? Hallo? Geht’s noch?“ Trotz meiner Verachtung für die Story ließ ich mich auf das Spektakel ein und wurde … doch irgendwie überrascht.

Die Story ist absoluter Bullshit. Weber und Killer haben eine Geheimorganisation gegründet, die Mordaufträge von einem riesigen Webstuhl, dem so genannten „Webstuhl des Schicksal“ (yeah!), bekommt und Webstuhl-Killer zeichnen sich dadruch aus, dass sie im Zick-Zack ballern können (doppelyeah!). Man kann wahrlich fühlen wie überzeugt die Produzenten von diesen Ideen gewesen sein müssen. „Yeah, machen wir!“ Und es wird erstmal nicht besser: Der Hauptdarsteller sieht aus wie eine 1,80m-Pussy und Angelina Jolie noch mehr als sonst wie eine billige Crackhure (trippleyeah! und vierfachyeah!). Und trotzdem war da was…

Zum Beispiel ein paar Actionszenen. Ich bin halt einfach anfällig dafür, wenn ein kompletter Zug von einer Talbrücke runterstürzt oder wenn jemand hinter dem Leichnam eines erledigten Gegners Deckung sucht und dabei durch dessen Kopf schießt. Bei sowas werde ich schwach. Und dann war da noch die erste halbe Stunde des Films, in der der Protagonist erklärt wie unzufrieden er mit seinem Leben ist. In den besten Momenten tatsächlich Erinnerungen an Fight Club. Und genau diese paar Hochs haben den Film dann doch noch irgendwie gerettet. Im Vergleich zur Genrereferenz Shoot ‚em up wirkt Wanted jedoch geradezu lächerlich – auch weil er sich zu ernst nimmt.

EMDb – Rating: 2/5

Fassen wir also nochmal zusammen: Wer dieser Tage einen guten Endzeitfilm sehen will, guckt statt Babylon A.D. lieber Children of Men und wer Actionkost vom feinsten möchte, nimmt Shoot ‚em up statt Wanted. It’s obviously the Clive Owen-time of the year!

Nicht noch ein Geheimagentenfilm (?)

Obwohl die letzten beiden Filme mit Steve Carell eher enttäuschend waren, fand ich mich vorgestern Abend in Get Smart wieder. Eigentlich ist Carell ja schon ein lustiger Typ – geben wir ihm also eine letzte Chance fernab seiner Paraderolle als Bürochef. In Get Smart spielt Carell Max Smart, einen ambitionierten, aber inkompetenten Geheimagenten einer Geheimorganisation namens CONTROL, der gegen die Terroristen von KAOS kämpft.1 Unterstützt wird er dabei von seiner Kollegin Agent 99 (Anne Hathaway), die – das kennen wir schon seit Inspector Gadget – seine Tollpatschigkeit relativiert. Ihr gemeinsamer Kampf gegen KAOS endet schließlich mit einem Atom-Attentat auf den Präsidenten und L.A., das vereitelt werden muss.

Wer hier die 08/15-Agentenkomödie vermutet, hat nur zum Teil recht. Klar, viele Gags sind altbekannt, bereits im Trailer durchgekaut und viele auch einfach nur olle Rohrkrepierer ohne Daseinsberechtigung. Zudem ist der Film teilweise zu langatmig und versucht seine Komik durch die Zurschaustellung irgendwelcher – entschudligt den Ausdruck – Freaks zu erreichen. Kann man machen, muss man aber nicht gut finden. Was hingegen toll ist, ist dass Carells Figur sich ernst nimmt und nicht in die Peinlichkeiten eines Johnny English abdriftet. Und ja: manche (wenn auch wenige) Gags hatten es dermaßen in sich, dass mir das Pipi in die Augen schoss2. Hier sei vor allem der grandiose Auftritt vom König der Tragödie Bill Murray erwähnt.

Kurzum: hier wird mit der Gag-Schrotflinte ins Kinopublikum gefeuert, um es jedem einzelnen Recht zu machen. Das klappt natürlich nicht immer, aber eben manchmal. Und da Get Smart mich besser unterhalten hat als erwartet, konnte ich zufrieden das Kino verlassen.

EMDb – Rating: 2,5/5

  1. Es handelt sich hierbei übrigens um die Verfilmung der gleichnamigen US-TV-Serie aus den 60ern, auf die ich hier wegen meiner (und eurer!) Unkenntnis nicht weiter eingehe. []
  2. Ja, mit diesem Halbsatz habe ich mir sehenden Auges jegliche Chance verbaut irgendwann mal Filmkritiken auf professioneller Ebene zu veröffentlichen. Spätestens. []

So’n paar Blickwinkel

Anfang der Woche 32 8 Blickwinkel gesehen. Ein Film, der ein Attentat auf den Präsidenten und die Geschehnisse darum, aus acht verschiedenen Blickwinkeln = Personen betrachten will. Eigentlich eine wunderbare Idee, hätte es denn funktioniert. Wie es nicht funktioniert, zeigt „Vantage Point“: Blickwinkel einer Person, zurückspulen, Uhrzeit anzeigen, Blickwinkel einer Person, zurückspulen, Uhrzeit anzeigen, Blickwinkel einer Person, zurückspulen, Uhrzeit anzeigen – ja wir haben’s kapiert! – Blickwinkel einer Person, zurückspulen, Uhrzeit anzeigen. Dazu werden Dialoge, die 20 Sekunden zuvor gesagt wurden, ständig geflashbackt. Eine wunderbare Mischung, um den Zuschauer für blöd zu verkaufen. Dazu ein paar Ungereimtheiten und das Dilemma ist perfekt. Halt, was vergessen: Für’s perfekte Dilemma fehlen noch ein paar furchbare Schauspieler – doch siehe da: Matthew Fox, der uns schon immer bei Lost nervt, sowie Dennis Quaid und Forest Whitaker, denen hier regelmäßig die Gesichtszüge entgleisen.

„Es war also scheiße, du rätst uns davon ab?!“ Nein, nicht ganz: Nachdem der Film vom bis zum Kotzen zelebrierten Blickwinkel-Stil Abschied nimmt und wir einen ganz normalen Actionfilm sehen, wird’s besser. Nicht gut, aber besser. Vom Kinobesuch würde ich zwar weiterhin abraten, aber für einen anspruchslosen DVD-Abend geht 8 Blickwinkel schon klar. Denn: 8 Blickwinkel ist, dank der übertriebenen Mimik und Gestik von Quaid und Whitaker, Camp vom feinsten (= so scheiße, das es schon wieder gut ist). Ich war jedenfalls amüsiert und dachte: „Das kann doch nicht deren ernst sein.“