Einträge von April 2011

Einkaufen nach Farbe

Auf der Abschlussfahrt nach Italien haben wir unsere alkoholischen Getränke nicht etwa nach Alkoholgehalt oder – noch absurder – nach Geschmack gekauft, nein, wir haben ausschließlich Spirituosen erstanden, auf deren Flaschen und Etiketten Tiere abgebildet waren. So landet man bei viel zu viel Eierlikör als gut für einen ist, weil Tiere zwar auf vielen, aber halt doch nur auf begrenzt vielen Flaschen vorzufinden sind. Das wollte ich euch immer schon mal erzählt haben.1

Irgendwie related ist das, was der holländische Künstler Marco Ugolini macht: Er kauft nach Farben ein. Das sieht zwar völlig irre und gut aus, dürfte aber auch (jenseits von grün) völlig ungesund sein. Also nicht nachmachen, Kevin. Auch wenn’s gut ist.


(via Komm mach)

  1. Ach, einen haben wir doch nach Alkoholgehalt gekauft: Alcoholo Puro. 95%. Nur zum kochen geeignet, wie wir nach den ersten Erblindungen feststellen mussten. []

Laternen-Joe

In mehr als drei Jahrzehnten ihrer Karriere haben Laternen-Joe keine Anzeichen von Ermüdung gezeigt. Damals wie heute ist dieser Band eine unerschöpfliche Quelle von Kraft und Energie für die ganze Welt und berührt die Herzen von Millionen Menschen, denen sie mit ihren schwermütigen und trotzdem hoffnungsvollen Liedern einen Weg zur Flucht aus dem oftmals so bitteren Alltag bieten.

Die Frage, die sich da nur stellt, ist: Laternen-Who? Wer verbirgt sich hinter die ominösen Band? Und während sich Fanclubmitglieder und gut informierte Fans der besten Band der Welt, nun an den Kopf fassen, „Eay, der Idiot!“ brüllen und die Schande, die sie mir anschliessend über mein Haupt schütten, zusammensuchen, blieben für mich heute nur Gefühle der Belustigung und der Trauer übrig. Denn Laternen-Joe, die „während der gesamten 1970er, 1980er, 1990er und 2000er Jahre Bestseller-Alben [veröffentlichten], die von restlos ausverkauften Konzerten, Touren und Festival-Auftritten begleitet wurde[n]“, stehen zusammen mit „Nudo Tra I Cannibali“ und „Die Zu Späten“ in bester Ärzte-Clubtour-Tradition.

Doch bevor sich der ein oder andere ebenso verpeilte Belafarinrodfan schon freut: die Provinztour ist natürlich schon längst ausverkauft. Aber nichtsdestotrotz ist die Webseite mit ihrer Fake-Bandgeschichte und vor allem den Fake-Songs aus drei Jahrzehnten mehr als einen Blick wert – und verkürzt uns Normalsterblichen das Warten auf eine hoffentlich demnächst anstehende, große DÄ-Tour.

Fantasy Filmfest Nights – Review-Rundumschlag

Am vorletzten Wochenende fanden in Köln die Fantasy Filmfest Nights statt. Und wie beim großen, sommerlichen Bruder heißt das, dass man endlich wieder ein paar Filme zu sehen bekam, die es hierzulande ansonsten eher selten bis gar nicht auf die große Leinwand schaffen. Und die Auswahl, die Rosebud da aufgefahren hat, konnte sich einmal mehr sehen lassen.

Wenn da nicht da Zeitproblem wäre1, weshalb ich nur drei der zehn Filme sehen konnte. Namentlich Takashi Miikes Samuraihatz »13 Assassins«, das spanische Funny Game »Kidnapped« von Miguel Ángel Vivas und schließlich Jerzy Skolimowskis »Essential Killing«, der bekanntlich „als erster Film der Geschichte der Venedig-Biennale auf ausdrücklichen Wunsch des Jury-Vorsitzenden Quentin Tarantino mit gleich zwei Hauptpreisen bedacht [wurde]“.2

13 Assassins

Auch wenn ich dem fernöstlichen Samurai-Kino ansonsten nicht allzu viel abgewinnen kann, Miikes »13 Assassins« hat’s mir angetan. Denn nachdem man sich durch das Dickicht an Figuren und Namen gekämpft hat, kann man dem Auftragsmord an Lord Naritsugu, dem sadistischen Sohn des ehemaligen und Bruder des jetzigen Shogun, durch die dreizehn Assassinen regelrecht entgegenfiebern. Denn während die erste Hälfte des Films eine Heist-Movie ähnliche Planungsphase umfasst, geht’s im zweiten Teil um’s Eingemachte: die Killer haben ein Dorf, durch das der vergewaltigende und mordende Lord reist, zum Hinterhalt umfunktioniert und nehmen nun seinen 200 Mann starken Wachtrupp auseinander. Herausgekommen ist ein langer Showdown, der im direkten Gegensatz zu der zuvor gesehenen Zelebration des Samurai-Ethos aus Hälfte Eins steht, und der es in sich hat. Auffällig ist dabei jedoch, dass zwischen all den Katana-Duellen, Explosionen und sterbenden Kriegern, der Humor nicht zu kurz kommt und das alles, trotz der teils dratischen Darstellung für Takashi Miike vergleichsweise harmlos daherkommt. Das tut dem Spaß, den man mit »13 Assassins« jedoch keinen Abbruch, sondern öffnet ihn eher auch für die Zuschauer, die diesem Genre sonst nicht so zugeneigt sind.

EMDb – Rating: 3/5

Kidnapped

Die Story von »Kidnapped« ist eigentlich wenig originell: eine wohlhabende, dreiköpfige Familie bezieht ein neues Haus und plant – dem Ausgehwunsch der Tochter zum Trotz – einen ersten gemeinsamen Abend im neuen Zuhause. Doch das Familienidyll wird urplötzlich zerstört als sich drei maskierte Männer gewaltsam Zugang ins neue Haus verschaffen und keinen Zweifel daran lassen, wie ernst es ihnen ist. Zusammen mit dem Vater macht sich einer der Schläger zur nächsten Bankfiliale auf und zwingt diesen dort das Maximum sämtlicher Kreditkarten der Familie abzuheben. Doch dass für Frau und Tochter zu diesem Zeitpunkt bereits ein blutiger Überlebenskampf im neuen Heim begonnen hat, erahnen weder das eingeschüchterte Familienoberhaupt, noch der brutale Kriminelle…

So weit, so alt. Diese Ausgangssituation verlangt weder Michael Haneke noch Eduard Zimmermann ein Lächeln ab. Was »Kidnapped« dennoch zu etwas besonderem macht, ist seine kompromisslose Nähe zu den Opfern. Man erschreckt, leidet und hofft mit den Eltern und ihrer 18 jährigen Tochter, wie es (Gott sei dank) nur selten der Fall ist – vor allem beim abgeklärten Fantasy Filmfest-Publikum. Hier herrscht keine Distanz mehr zwischen Kinosessel und Leinwandgeschehen, die anderthalb Stunden werden nicht nur für die Figuren zur Tortur. Doch gerade deswegen ist Miguel Ángel Vivas‘ Film so sehenswert und von den gesehenen Filmen mein absolutes Highlight.

EMDb – Rating: 4/5

Essential Killing

Und dann war da noch »Essential Killing«, der vor allem dadurch bekannt wurde, dass sich, wie eingangs erwähnt, Quentin Tarantino während der Venedig-Biennale 2010 besonders für ihn einsetzte (»Essential Killing« gewann daraufhin entgegen der Regeln zwei Hauptpreise: den Spezialpreis der Jury und den Preis für den besten Hauptdarsteller). Natürlich sagt das erst einmal nicht allzu viel aus, aber wenn der von Fans und Feuilleton gleichsam verehrte Großmeister schon mal auf derartige Art und Weise seine Begeisterung für einen ansonsten international wenig bekannten Film zum Ausdruck bringt, steht Filmhausen schon mal kopf.

Und tatsächlich klingt Jerzy Skolimowskis Kriegsthriller zunächst mehr als vielversprechend: Ein arabischer Soldat tötet aus Angst selbst von diesen getötet zu werden in der Wüste drei US-Soldaten. Daraufhin wird er von der US-Armee gefangen genommen, gefoltert und nach Osteuropa deportiert. Als sein Gefangenentransport verunglückt, gelingt ihm überraschend die Flucht. Es beginnt eine Hetzjagd durch verschneite Wälder, die ungleicher nicht sein könnte: ein in Ketten gelegter Einzelner gegen zahlreiche mit Hunden und Hubschraubern ausgestattete US-Militärs…

Bis hierhin ist »Essential Killing« in der Tat sehr sehenswert, der wortlose Vincent Gallo überragend und das Setting fesselnd. Was dann aber passiert, trotzt allen Regeln des Drehbuchschreibens: Jerzy Skolimowski, der hier zusammen mit Ewa Piaskowska auch als Autor tätig war, nimmt vier bis fünf Gänge raus und lässt seinen bis dahin wirklich guten Film zu einem botschaftslosen Fest der Belanglosigkeit verkommen. Eine Essenz hat »Essential Killing« danach nicht mehr und selbst das Töten wirkt, wie mittlerweile jede Aktion des Protagonisten, wahlweise aufgesetzt bis schwachsinnig. Unglaublich, wieviel Potential hier verschenkt wurde.

EMDb – Rating: 1,5/5

  1. Das nicht-Fantasy-Filmfest-kompatible, soziale Umfeld hat halt wenig Verständnis dafür, dass man das ganze Wochenende im Kino verbringt und sich freiwillig einen überaus brutalen, fremdsprachigen Film nach dem anderen anguckt… []
  2. Fantasy Filmfest Nights 2011, Programmheft, S. 4. []