#depublizieren

Oh weh: Holzmedien drücken Neuordnung öffentlich-rechtlicher Online-Angebote durch

Die Verleger und Vertreter von ARD, ZDF und Deutschlandradio machen den Weg frei für ein neues Telemediengesetz.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass die öffentlich-rechtlichen Angebote künftig auf längere Texte ohne Bezug zu einer Sendung verzichten. Websites und Apps von ARD, ZDF und Deutschlandradio müssen sich damit komplett auf audiovisuelle Inhalte konzentrieren und dürfen mit Texten nur noch anteasern.

Genau, nehmt den Nutzern doch einmal mehr das, was sie zu schätzen wissen (looking at you, tagesschau.de & sportschau.de + Apps) und wofür sie bezahlen, nur weil eine Lobby-Gruppe nicht in der Lage ist, anstelle ihrer überholten Geschäftsmodelle neue Refinanzierungswege aufzubauen. Was übrigens auch nicht mit weniger Text-Konkurrenz durch die Öffentlich-Rechtlichen funktionieren wird.

Immerhin: Der Verweilzeit von Inhalten in den Mediatheken sollen erhöht werden, bevor sie depubliziert werden und den dafür bereits gezahlt habenden Rezipienten weiterhin wieder weggenommen werden.

LSR- und Depublizierungs-Rant

Ich habe vorgestern die Übersetzung eines Textes von Jeff Jarvis gelesen, dann aber das Original zitiert und verlinkt, weil der Akt der Überführung von Besuchern auf deutsche Verlagsangebote hierzulande ja eventuell – wer weiß das schon genau? – nicht rechtens ist. Stichwort Leistungsschutzrecht.

Ron hat mich daraufhin per Twitter darauf aufmerksam gemacht, dass Der Freitag, bei dem Jarvis‘ Text u.a. auf deutsch erschienen ist, damals „feierlich“ erklärt hat, das LSR nicht wahrnehmen zu wollen. Solche Erklärungen gibt’s auch von SpOn und sicherlich auch Zeit.de, wo ich den Text ursprünglich gelesen habe. Das ist schön und gut und wäre auch ganz lobenswert, wenn die Branche als ganzes das LSR zuvor nicht, indem kaum bis gar nicht berichtet wurde, toleriert hätte. Ist ja auch klar: Man weiß nicht, wo die Reise hingeht und wenn da wer mit einer potentiellen Einnahmequellen daherkommt, hält man lieber die Füße still. Möglicherweise lesen die Kids bald gar nicht mehr. Oder noch schlimmer: Nur noch die Headlines via Google, Facebook und Konsorten. Oder aber sie „setzen“ Links wie es ihnen beliebt. Womöglich sogar auf Opel.de. Ich schweife ab.

Jedenfalls weiß man nicht, ob Erklärungen darüber, dass weiter verlinkt und zitiert werden darf, rechtsgültige Freifahrscheine oder lediglich Lippenbekenntnisse sind. So lange dieses Unsinnsgesetz also weiterhin besteht und sei es nur als Papiertiger, werde ich – wann immer möglich – lieber auf ausländische Medienhäuser oder Nicht-Verlage verweisen. Und meinen Unmut darüber kundtun. Aus Prinzip.

Und wo wir schon dabei sind: Die Depublizierung von Inhalten der Öffentlich-rechtlichen halte ich für gleichwertigen Gesetzesmist, der 2009 eigentlich einen bundesweiten medialen #Aufschrei zur Folge hätte haben müssen. Aber hier wie da sah sich die schreibende Zunft nicht in der Lage ihrer einzigen Aufgabe, dem Bericht erstatten und Informieren, nachzukommen. Denn anstelle von Empörung darüber, dass Millionen von Deutschen das, was sie per Rundfunkbeitrag schon bezahlt haben, wieder weggenommen wird, herrschte großes Schweigen. Weil weniger tagesschau.de-Leser ja mehr Reichweite für Spiegel-, Bild-, FAZ- und Kunz Online bedeutet. Also danke auch dafür.

Oder um es kurz zu machen: Die Übersetzung von Jarvis‘ Text wird weiterhin nicht verlinkt. Trotzdem danke für den Hinweis, Ron. 😉