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Weiter geht’s mit dem Review-Nachholen und mit einem Film, der in der Oscar-Nacht die Aufmerksamkeit auf sich zog wie kein anderer: Slumdog Million\u00e4r, die als „feel-good film of the decade“ angepriesene, fiktive Geschichte vom bettelarmen Jamal Malik, der es irgendwie zu Indiens „Wer wird Million\u00e4r?“ schafft und dort, w\u00e4hrend ihm die ganze Fernsehnation zuschaut, die Chance hat, das ganz gro\u00dfe Geld zu gewinnen. Doch ganz so einfach macht es Danny Boyle seinem Slumdog nicht: In der Nacht auf die alles entscheidende Sendung wird Jamal kurzerhand festgenommen, da Polizei und Moderator davon \u00fcberzeugt sind, der arme, halb kriminelle Junge habe in der Sendung betrogen. W\u00e4hrend des Verh\u00f6rs – und das ist das Grundkonzept des Films – kann Jamal haarklein rechtfertigen, wieso er die Antworten wusste, da diese nat\u00fcrlich unmittelbar mit seiner Lebensgeschichte zusammenh\u00e4ngen.
\nMeines Erachtens wirkt das ganze ziemlich konstruiert. Wobei Konstruiertheit nat\u00fcrlich nicht unbedingt was negatives sein muss, sondern eine Erz\u00e4hlung mitunter erst erz\u00e4hlenswert machen kann. Hier jedoch wirkt alles aufgesetzt und angestrengt und es scheint mir, als h\u00e4tte man regelrecht auf diesen Achtungserfolg hinproduziert. Gr\u00f6\u00dfter Stein des Ansto\u00dfes ist jedoch dieser „feel-good film of the decade“-Marketing-Mist! In Slumdog Million\u00e4r geht’s um menschenunw\u00fcrdige Zust\u00e4nde: Armut, Kinderarbeit und Klassenunterschiede, denen man – es sei denn es tritt der h\u00f6chstunwahrscheinliche Fall ein, dass man es ins Fernsehen schafft – einfach nicht entrinnen kann. Wie kann ich da, auch wenn dem Jungen am Ende Reichtum und seine gro\u00dfe Liebe zuwinken, noch von einem „feel-good film“ sprechen? Das kann nicht mal die Tanzsequenz am Ende rechtfertigen! Die selben Marketing-Menschen h\u00e4tten wahrscheinlich auch Meirelles‘ City of God, der \u00fcbrigens IMHO in allen Belangen besser ist als Slumdog Million\u00e4r und „nur“ f\u00fcr vier Oscars nominiert war, zum „feel-good film“ des Jahrhunderts gek\u00fcrt. Na dann: Bamboocha!
\nNun soll aber nicht die Werbung \u00fcber die Qualit\u00e4t eines Films entscheiden, sondern die Academy. Aber bekanntlich sind deren Wege unergr\u00fcndlich. So auch hier. Zwar ist Slumdog Million\u00e4r keinesfalls ein schlechter Film, aber h\u00f6chstens Durchschnitt und allenfalls so originell, wie es die w\u00f6chentliche Folge „Wer wird Million\u00e4r?“ nach einem Jahrzehnt Laufzeit sein kann – formell und narrativ. Nein, mir w\u00e4ren das keine acht Oscars wert gewesen1. Aber ich bin ja auch nicht die Academy. Noch nicht.